Romantisches Ballett in zwei Akten von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges nach dem Libretto von Théophile Gautier; Musik von Adolphe Adam, Choreographie von Jean Coralli und Jules Perrot, von Yvette Chauviré neu in Szene gesetzt.
Maria Eichwald (Giselle), Claudio Coviello (Prinz Albrecht), Massimo Garon (Hilarion), Gaia Andreanò und Mattia Semperboni (Bauern-Pas-de-Deux), Alessandra Vassallo (Myrtha), Antonina Chapkina und Vittoria Valerio (Willis).
Am Sonntag, den 12. April 2015 ist die Erste Solistin des Stuttgarter Balletts und die Welt-Étoile Maria Eichwald — nach dem Riesenerfolg des über die Weihnachtsfeiertage 2014 aufgeführten Nussknackers — an die Mailänder Scala als Giselle zurückgekehrt ist. Es ist eine atemberaubende Giselle, eine Willi, (Naturgeist und „Nachthexe‟ der Mittel- und Osteuropäischen Mythologie), diemit ihrer grenzlosen Liebe und Hingabe die Zuschauer verhext hat. Das Pathos der Wahnsinnsszene, in der die treuherzige Giselle die unmögliche Liebe gestand, rührte alle zu Tränen. Die Menschen der Antike gaben den Eigennamen einen tieferen Sinn: In jenen Eichenwäldern Mit-teleuropas, wo die „gespenstischen Tänzerinnen‟, die Willis, wohnen, ist Maria Eichwald eigentlich geboren. Mit ihren milden und anhaltenden Balancen auf der Spitze, die in der Tat wie der Flug der Willis wirkten, bezog Maria die anderen Tänzer der Scala mitein, die sich in hervorragender Form präsentierten und die Aufführung zu einer sehr hohen Ebene von Technik und Interpretation führ-ten. Der Erste Solist des La Scala Balletts Claudio Coviello tanzte seit seinem Debüt viele Male die Rolle des Prinzes und ist der jüngste Albrecht, der als Partner von Maria Eichwald wirkte. Coviello war ein ausgesprochen ,authentischer‘ Albrecht gewesen und dies nicht nur wegen des Kostüms und der tadellosen Entrechats-Six (2. Akt, während des Bittgebets an die unachgiebige Königin der Willis), sondern überhaupt wegen des Charakters. Es gelang ihm (in besonderem Maße) zusammen mit der Partnerin die Schwierigkeiten der Rolle darzustellen: unbesonnener und unbekümmerter um die Folgen im 1. Akt, deutlich schuldiger in der Wahnsinnsszene, reumütiger und verliebter im Ballet Blanc. Von besondereren Bedeutung war die Interpretation von Alessandra Vassallo in Myrtha, die Königin der Willis. Sie war kontrolliert, konstant und geeignet für die Rolle eines schweren Charakters, eines Naturgeists, der das einzige Gefühl der Härte von ihrem Zustand verspürte. Tatsächlich sind die Willis (urspr. Vily) der slawischen Mythologie Bräute, die vor der Hochzeit gestorben sind. Sie sind gezwungen, in den Wäldern zu leben und steigen jede Nacht aus den Gräbern hervor, um in ihren Herzen jene Tanzlust, die sie im Leben nicht befriedigen konnten, zu tanzen. Giselle ist die einzige, die dem Zauber entkommt. Sie ist dabei, bis zum Sonnenaufgang zu tanzen, wenn die Geister zurück in die Gräber müssen. So gelingt es Giselle ihrem reuevollen Prinz vor dem Tode zu retten. Massimo Garon hat mit seinen großen Sprüngen zwischen den Hieben der Willis den Stolz des Charakters Hilarions und seine Lebensanhänglichkeit dargestellt, obwohl er vor dem unvermeidli-chen Schicksal des Todes nicht flüchten kann. Aus dem Corps de Ballet sind Marta Gerani, Walter Madau, Christian Fagetti und Stafania Ballone besonders hervorzuheben, weil ihr inniges Lächeln die Vitalität der Szene der Winzer und Winze-rinnen und jener Giselles Freundinnen gut darstellte. Schlussendlich verdienen die Jüngsten, Gaia Andreanò und Mattia Semperboni, aufgrund ihrer Musikalität im Debüt (am 8. und 12. April) des schweren Bauern-Pas-de-Deux, einer Rolle für (Erste) Solisten, ein Lob.
Ich bedanke mich bei meinem lieben Freund und Kollegen an der Universität zu Köln, Herrn Dr. Claudio Wewel, für seine Geduld, um meinen Text auf Deutsch zu korrigieren.